Jun 01 2008

Warum arbeiten wir eigentlich so wenig zusammen?

Published by CWitte at 12:31 under Allgemein

Gute Frage, weil sie sicher zu den großen ungeklärten Phänomenen im Geschäftsleben gehört. Schlechte Frage, weil sie nur “weich” zu beantworten ist und weil zumindest in der IT niemand mehr Zusammenarbeit sagt, sondern nur noch “Collaboration”.
Die wichtigsten Kräfte im Collaboration-Markt nach Gartner
Die wichtigsten Spieler im Collaboration-MarktMit dieser Bezeichnung hat man das Thema nicht nur um mindestens eine Dimension verkleinert, sondern die Industrie kann auch gleich Lösungen anbieten. Nach dem Motto: “Wieso? Stimmt doch gar nicht, da gibt’s doch jede Menge Tools dafür”, würde spätestens jetzt jeder IT-Experte beginnen Werkzeuge aufzuzählen. Das können angefangen bei Microsoft und IBM über Oracle und Novell, BEA, EMC bis hin zu Google und vielen quelloffenen Lösungen jede Menge sein. Diese Produkte bilden praktisch jede Form der elektronisch möglichen Zusammenarbeit ab. Komisch nur, dass trotz aller Angebote, E-Mail immer noch die einzige Form der elektronischen Zusammenarbeit ist, die sich wirklich durchgesetzt hat. Gut okay, ist vielleicht übertrieben: Statt dauernd auf Achse zu sein, setzen wir jetzt auch schon mal eine Telefon- oder die ganz modernen von uns auch eine Webkonferenz an. Klar, und einige benutzen Instant-Messaging oder ein Web-Tool, um Dokumente gemeinsam zu bearbeiten. Aber Hand aufs Herz: Erstens fällt uns das schon schwer, und zweitens nutzen wir die erwähnten Tools in aller Regel ohne den Segen der IT-Abteilung. Die zentrale IT aktiviert meistens nicht einmal die in den Mailsystemen mitgelieferten Instant-Messaging-Funktionen (wird meistens mit Sicherheitsaspekten begründet). Die einzige Ausnahme bildet bisher der Sharepoint-Server von Microsoft. Er erfreut sich in seiner aktuellen Version sogar hier in Deutschland größter Nachfrage. Allerdings wird auch seine Funktionalität bei weitem nicht ausgenutzt. Die Anwender beschränken sich darauf, ihn für Document-Sharing und Projektverwaltung einzusetzen. Die anderen Funktionen wie den Aufbau von Wikis lassen die meisten links liegen. Wieso ist das so?
Wir, oder besser die Unternehmen, in denen wir arbeiten, wollen das im Grunde nicht. Die meisten begünstigen Konkurrenzkulturen. Der einzelne Mitarbeiter muss besser sein, mehr leisten, mehr Ideen haben und mehr Umsatz generieren als sein Kollege. Nur so kann er sich für den nächsten Karriereschritt empfehlen. Zusammengearbeitet wird in solchen Kulturen nur dann, wenn ein persönlicher Vorteil winkt. Aber den gibt es im Umgang mit Collaboration Tools eben auf individueller Ebene nicht unbedingt – zumindest nicht sofort. Das Unternehmen hätte dagegen sofort etwas von besserer Zusammenarbeit: Bessere Leistung, mehr Abstimmung, engere Beziehungen zu Kunden, kurz mehr Effizienz. Um diese Früchte zu ernten, müssten sie jedoch das Miteinander fördern und nicht das in Konkurrenzkulturen vorherrschende Gegeneinander. Wenn das nicht gelingt, können noch so viele Collaboration-Tools das Licht der Welt erblicken. Es werden weiterhin nur E-Mails verschickt. Da weiß eben jeder, was er seinem potenziellen Konkurrenten schickt.

One Response to “Warum arbeiten wir eigentlich so wenig zusammen?”

  1. pfopfereron 12 Jun 2008 at 12:50

    Es scheint sich in manchen deutschen Unternehmen eine sonderbare Kultur etabliert zu haben:
    - TEAM = Toll, ein anderer macht´s
    - Sichern der eigenen Komfortzone
    - Motzen, aber nichts tun

    Immer weniger sind offensichtlich bereit, Verantwortung und Aufgaben zu übernehmen.
    Fragt der Chef nach einem Freiwilligen, schauen alle nach Krümeln auf den Boden.
    Ist ein Freiwillger gefunden, hat dieser das “Depp”-Tatoo lebtags auf seiner Stirn und hämisch grinsende Kollegen sicher.

    “Collaboration” klingt so arg nach “Kollabieren”, ist also negativ vorbelegt.
    Wozu soll ich denn mein über jahrzehnte angereiftes Wissen in ein paar wikis veröffentlichen oder per Chat preisgeben? Damit der “Neue” mich in die Tasche steckt und nach dem nächsten MAG noch mehr Tantieme einkassiert?

    Die persönlichen Bedürfnisse und Ängste scheinen wichtiger zu sein als die mögliche Erkenntnis, dass diese Tools tatsächlich etwas nutzen. Jedem einzelnen, und natürlich auch dem Unternehmen.
    Solange der Nutzen nicht erkannt wird, wird sich nichts ändern…

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